Branchensimulationsmodell – internes Modell in einer black box

Posted by admin on November 17, 2016
Kurzübersicht Solvency II

Bei dem Branchensimulationsmodell (BSM) handelt es sich im Prinzip um ein internes Modell in einer black box. Das Modell bildet den gesamten Cashflow auf Basis von Marktsimulationen und versicherungstechnischen Szenarien ab und kann somit auch alle wesentlichen Risiken, bis auf das operationelle Risiko, berechnen. Es wird jedoch nur zur Bewertung der Versicherungsvertragsoptionen herangezogen. Es steckt also mehr darin als darauf steht.

Der Besen des Zauberlehrlings

Aufgrund der vielen Einstellungsmöglichkeiten kann mit dem BSM eine große Bandbreite von Ergebnissen erzeugt werden. Dabei sind die Management-Regeln und die Annahmen über die zukünftige Marktentwicklung weitgehend frei wählbar – und damit auch die Ergebnisse. Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen den Managementregeln und den simulierten Kapitalmarktszenarien zu unerwünschten Interferenzen kommt. D.h. dass der ökonomische Szenariogenerator (ESG) Pfade generiert, bei denen die Managementregeln zu irrationalen Entscheidungen und somit zu falschen Ergebnissen führen.

Schlechtes Geschäft, wird gut bewertet und gutes Geschäft wird schlecht bewertet

Am vorteilhaftesten ist es, wenn man sich mit dem BSM schlecht rechnet, also in den Simulationen niedrigere Ergebnisse erzielt und somit auch die Beteiligung der Versicherten bzw. der Wert der Versicherungsvertragsoptionen niedriger ausfällt. Das klingt absurd und ist auch so, wenn man das BSM im Kontext mit dem Standardansatz betrachtet. Hinsichtlich der Versicherungstechnik gibt es zwar keinen Widerspruch, denn schlechtere versicherungstechnische Ergebnisse führen zu einem niedrigeren Wert der Versicherungsvertragsoptionen und gleichzeitig zu höheren Best Estimate-Rückstellungen. Bei den Kapitalanlagen führen dagegen ungünstige ALM-Regeln zu niedrigeren Kapitalanlageergebnissen und somit zu einem niedrigeren Wert der Optionen, der Marktwert der Kapitalanlagen bleibt jedoch davon unberührt.

Was heute noch „plug and play“ war, wird morgen zu „proof and explain“

Der große Bewertungsspielraum sowie die Komplexität des Modells werden früher oder später das Augenmerk der Aufsicht auf sich ziehen. Ebenso wie bei den internen Modellen könnte die Aufsicht von den BSM-Anwendern eine regelmäßige Modellvalidierung sowie einen Nachweis darüber verlangen, dass das Unternehmen auch entsprechend den Marktannahmen und Managementregeln steuert. Das würde das Modell extrem pflegeintensiv machen und kleinere bis mittlere Lebensversicherer überfordern.

Vereinfachtes BSM notwendig

Was es braucht, ist eine Vereinfachung des BSM, welches dem Organisationsgrad kleinerer Lebensversicherer angemessenen ist. Dabei sollte insbesondere auf die Simulation des Kapitalmarktes und die Anwendung von ALM-Regeln verzichtet werden. Stattdessen sollten die unternehmensindividuellen Einstellungen grundsätzlich auf die Tarifmerkmale beschränkt werden. Speziell das Kapitalanlageergebnis könnte man als Differenz zwischen dem Rechnungszins und dem durchschnittlichen Zins aus dem Fixed Income-Portfolio des Versicherers berechnen. Dabei würden die auslaufenden Fixed Income-Titel durch einjährige Zinstitel ersetzt werden, deren Verzinsung den Forward Rates entspricht, welche implizit in der Zinsstrukturkurve des jeweiligen Kapitalmarktszenarios enthalten sind. Des Weiteren könnte man sich bei den Kapitalmarktszenarien auf die aktuelle risikolose Zinsstrukturkurve sowie die nach oben und unten geschockten Kurven als Stützstellen beschränken. Die Verteilung des Wertes der Versicherungsvertragsoptionen würde sich aus der Interpolation zwischen den Werten an den drei Stützstellen ergeben.


PDF: RoRisk_Branchensimulationsmodell

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