ORSA/FLAOR

Posted by admin on November 17, 2014
Themen

Herausforderungen und Lösungsansätze bei ORSA/FLAOR

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Der ORSA (bzw. FLAOR) macht die Unternehmenssteuerung zu einer komplexen Angelegenheit. Aufgrund der langfristigen Ausrichtung des Versicherungsgeschäftes führt jedoch kein Weg an einer Szenariobetrachtung vorbei. Durch ein passendes Risikotragfähigkeitskonzept kann die Komplexität in der Steuerung reduziert und durch ein Workflowmanagement-Tool außerdem die Komplexität der Prozesse beherrscht werden.

Die Umsetzung des ORSA stellt eine große Herausforderung hinsichtlich der Modellierung und der Unternehmenssteuerung dar. Im Prinzip muss eine statistische Unternehmenssteuerung eingeführt werden – also eine Steuerung mit Blick auf eine unsichere Zukunft und mit Hilfe statistischer Modelle. Diesbezüglich befinden sich die Aufsicht und die Unternehmen in einem gemeinsamen Lernprozess. Weshalb die Aufsicht ihre Vorgaben gegenwärtig noch sehr vorsichtig formuliert hat, aber in nächster Zeit umfangreichere und konkretere Anforderungen stellen wird. Hier ist es hilfreich, ein Verständnis dafür zu haben, wohin sich die aufsichtsrechtlichen Vorgaben entwickeln werden und welche Methoden für ein Unternehmen praktikabel sind.

Die wesentlichen Aufgaben im ORSA bestehen in der Beurteilung des Gesamtsolvabilitätsbedarfes und im Nachweis der kontinuierlichen Einhaltung aufsichtsrechtlicher Solvabilitätsanforderungen. Die von der deutschen Aufsicht beaufsichtigten Unternehmen müssen in 2014 zum ersten Mal die Ermittlung ihres Gesamtsolvabilitätsbedarfs durchführen. Dazu hat die Aufsicht konkrete Vorgaben veröffentlicht. Dagegen muss der Nachweis der Einhaltung der Solvabilitätsanforderungen erst ab 2015 erbracht werden. Dazu hat die Aufsicht bis jetzt noch keine konkreten Vorgaben veröffentlicht (Stand Okt. 2014).

Beurteilung des Gesamtsolvabilitätsbedarfes
Herausforderungen

Zusätzlich zu den in der Säule 1 von Solvency II vorgegeben Solvabilitätsanforderungen (Gegenüberstellung vorhandener Eigenmittel zu benötigtem Risikokapital) müssen die Unternehmen im Rahmen des ORSA eine eigene Solvabilitätsanforderung aufstellen. Diese beinhalten eine eigene Einschätzung des benötigten Risikokapitals unter Berücksichtigung

  • des individuellen Risikoprofils,
  • aller materieller Risiken (einschließlich nicht quantifizierbarer Risiken), sowie
  • der langfristigen Auswirkung von Risiken.

Außerdem erlaubt die deutsche Aufsicht den von ihr beaufsichtigten Unternehmen die Verwendung alternativer Ansätze zur Bewertung der Eigenmittel.

Die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Kennzahlen – nach Handelsrecht, nach der Säule 1 von Solvency II, IFRS, sowie entsprechend den Vorgaben zur Beurteilung des Gesamtsolvabilitätsbedarfes – stellen eine Herausforderung für die Unternehmenssteuerung dar. Ähnliche Kennzahlen können teilweise unterschiedliche Ausprägungen und auch unterschiedliche Implikationen haben. Aufgrund der Erweiterung der Risikobetrachtung auf alle materiellen und langfristigen Risiken, sind außerdem die Risikomodelle aus der Säule 1 in Richtung eigener Modelle weiterzuentwickeln. Darüber hinaus besteht für deutsche Versicherer die Möglichkeit, alternative Bewertungsansätze zu verwenden bzw. zu entwickeln – was eine Chance auf vorteilhaftere Ergebnisse bietet, aber zugleich einen Mehraufwand bedeutet.

Lösungsansätze

Grundsätzlich sind die zu Grunde liegenden Bewertungsansätze und Risikomodelle aufeinander abzustimmen. Das geschieht am besten durch eine koordinierte Absprache auf Fachbereichsebene. Außerdem kann das Kennzahlensystem zur Steuerung vereinfacht werden, sofern die Informationsverluste vertretbar sind. Für Nicht-Lebensversicherer kommen im Rahmen der Erweiterung der Risikobetrachtung eigene Schadenmodelle in Frage. Für Lebensversicherer sind dagegen alternative Bewertungsansätze bzgl. deren versicherungstechnischer Rückstellungen sowie alternative Verfahren zu Berechnung entsprechender Zinsänderungsrisiken vorteilhaft.

Nachweis der kontinuierlichen Einhaltung aufsichtsrechtlicher Solvabilitätsanforderungen
Herausforderungen

Die Unternehmen müssen im Rahmen des ORSA außerdem nachweisen, dass sie die in der Säule 1 von Solvency II vorgegeben Solvabilitätsanforderungen kontinuierlich einhalten können. Der Nachweis ist bzgl. Stressszenarien durchzuführen, welche

  • die Veränderungen im Risikoprofil sowie
  • die Veränderung in der Eigenmittelausstattung und –Zusammensetzung beinhalten und
  • die sich auf den gesamten Planungszeitraums des Unternehmens beziehen.

Außerdem haben die Unternehmen sicherzustellen, dass die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen und die Erfassung der damit verbundenen Risiken kontinuierlich möglich sind.

In der mehrjährigen Betrachtung treten Risiko, Unternehmenssteuerung und Eigenmittelausstattung in Wechselwirkung miteinander. Dadurch vervielfachen sich die zu betrachtenden Szenarien mit jedem Planungsjahr, was eine Herausforderung für die Erstellung der Modelle und die Durchführung des Prozesses darstellt.

Eine separate Fortschreibung der Kennzahlen auf Basis der Modelle aus der Säue 1 von Solvency II wird nur bei einer sehr einfachen und stabilen Geschäftsaufstellung möglich sein. Stattdessen ist in den meisten Fällen die Geschäftsentwicklung und Eigenmittelausstattung zu simulieren und die Solvency II-Kennzahlen daraus abzuleiten. Auch wird es selten möglich sein, den ORSA als passive Berichterstattung handzuhaben. Vielmehr wird er zu einem zentralen Element der Planung. Wegen der Simulation, mit ihren vielen Stellschrauben und Ausgaben, stellt die interaktive Nutzung des ORSA jedoch eine prozessuale Herausforderung dar.

Lösungsansätze

Für eine effiziente und wirkungsvolle Nutzung des ORSA sind drei Elemente ausschlaggebend:

  • ein möglichst einfaches Simulationsmodell der Geschäftsentwicklung und Eigenmittelausstattung – mehr als auf eine vollständige Abbildung der Risiken und Steuerungshebel kommt es auf eine geschlossene Überleitung von der Geschäftsentwicklung auf die Eigenmittelausstattung an. Die Überleitung kann sich dabei an den Vorgaben zur Variation-Analysis orientieren und auch dazu genutzt werden.
  • ein Risikotragfähigkeitskonzept welches die Komplexität reduziert – dabei sind die wichtigsten Treiber bzgl. der langfristigen Erhaltung der Solvabilität zu identifizieren und das Risikotragfähigkeitskonzept danach auszurichten
  • und ein Workflowmanagement-Tool zur Steuerung des Gesamtplanungsprozesses – dabei kann das System insbesondere zum Austausch, Speicherung und Validierung der Daten genutzt werden.
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