Vereinfachungen im ORSA

Posted by admin on März 20, 2015
Themen

Praktische Anregungen

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Hinsichtlich der ORSA-Umsetzung gibt es die Befürchtung, dass die Simulation von Stressszenarien sehr aufwendig ist und letztendlich zu einem internen Modell führt. Stattdessen wird bevorzugt, nur einige ausgewählte Szenarien zu rechnen. Grundsätzlich ist es richtig, im Rahmen des ORSA so viel wie möglich zu vereinfachen. In den Leitlinien zur Beurteilung der jederzeitigen Einhaltung der gesetzlichen Kapitalanforderungen werden jedoch Stresstests, Reverse-Stresstests und Szenarioanalysen gefordert. Diesbezüglich ist es wesentlich einfacher, die Tests und Analysen an einem vereinfachten Unternehmensmodell statt auf Basis detaillierter Planungsrechnungen durchzuführen. Nachfolgend wird am Beispiel der Bewertung der technischen Rückstellungen von Lebensversicherern gezeigt, wie Vereinfachungen und ein Unternehmensmodell funktionieren können.

Beispiel

Solvency II-Bewertungen: Prinzipiell beziehen sich die Solvency II-Bewertungen auf den aktuellen Bilanzstichtag und sind nicht für die Planungsrechnung ausgelegt. So wird z.B. die Solvency II-Zinsstrukturkurve aus der aktuell am Markt beobachteten Zinsstrukturkurve abgeleitet. In der Planungsrechnung müssen also zuerst die beobachtbaren Zinsstrukturkurven modelliert und anschließend die Solvency II-Zinsstrukturkurven daraus abgeleitet werden. Unter der Annahme, dass die erwartete Zinsentwicklung der aktuell beobachteten Zinsstrukturkurve folgt, ändern sich die Solvency II-Diskontierungsfaktoren im Verlauf der Planungsjahre nur um den Diskontierungsfaktor des vorangegangenen Planungszeitraumes (siehe Abbildung 1).

Diskontierungsfaktoren

Abbildung 1

Im erwarteten Szenario bzw. im Planungsszenario können dementsprechend die zukünftigen Solvency II-Zinsstrukturkurven aus der aktuellen Solvency II-Kurve abgeleitet werden. Hingegen können im Szenario einer länger andauernden Niedrigzinsphase für die Dauer der Niedrigzinsphase die aktuelle Solvency II-Zinsstrukturkurve angesetzt und erst danach die Zinsstrukturkurven vergleichbar zum Planungsszenario modifiziert werden. Des Weiteren ist das Szenario eines niedrigeren Langfristzinses (also einer niedrigeren Ultimate Forward Rate) bereits in der Berechnung der Kapitalanforderung als Abwärts-Schock enthalten und muss daher nicht noch einmal als Stressszenario gerechnet werden. Auf diese Weise können das Planungsszenario und die wichtigsten Stressszenarien vereinfacht gerechnet werden.

Planungsrechnung: In unserem Beispiel wird angenommen, dass die prognostizierten Cashflows über den Planungszeitraum hinweg weitgehend stabil bleiben. Die Unschärfen, welche in der vereinfachenden Annahme liegen, werden dadurch abgebildet, dass der prognostizierte Cashflow eines Planungsjahres von der Prognose des vorhergehenden Jahres mit einer Gleichverteilung von ±2,5% abweichen kann. Entsprechend liefert die Monte Carlo-Simulation für jedes Planungsjahr eine Verteilung von Cashflows (siehe Abbildung 2).

Cashflow

Abbildung 2

Werden diese Cashflows unter dem Planungsszenario sowie unter dem Szenario einer länger andauernden Niedrigzinsphase diskontiert, so erhält man für jedes Szenario wiederum eine Verteilung von Solvency II-Rückstellungen. Dabei zeigt sich, dass die Verteilungen deutlich voneinander abweichen. Das zeigt, dass vereinfachte Szenariorechnungen trotz ihrer Unschärfen aussagekräftige Ergebnisse liefern können (siehe Abbildung 3).

Rückstellungen_neu

Abbildung 3

Unternehmensmodell: Das Modell bildet im Prinzip die wichtigsten Stellschrauben der Planung und die Risikostrategie des Unternehmens ab. Die entsprechenden Planzahlen werden direkt in das Modell eingegeben. Im Fall von Stressszenarien werden die Planzahlen anhand von Managementregeln modifiziert, welche die Risikostrategie des Unternehmens repräsentieren und durch die Merkmale der Stressszenarien getriggert werden. Der sich daraus ergebende Cashflow sowie die daraus resultierenden bilanziellen und Solvency II-Kennzahlen werden mit vereinfachten Formeln berechnet. Dabei können die Formeln z.B. von den zuständigen Fachbereichen geliefert werden (siehe Abbildung 4).

Unternehmensmodell

Abbildung 4

Fazit

Ein vereinfachtes Unternehmensmodell zur Simulation von Stressszenarien führt also nicht zu einem internen Modell. Denn das Unternehmensmodell ist grundsätzlich darauf ausgelegt, nur die wichtigsten Zusammenhänge abzubilden und kann außerdem mit vereinfachten Formeln bzw. entsprechenden Unschärfen rechnen.

Mit dem Modell können nicht nur die geforderten Tests und Analysen durchgeführt werden, sondern auch die Risikostrategie an die ORSA-Erfordernisse angepasst werden. Bspw. kann mit Hilfe von Randszenarien der Risikoappetit des Unternehmens im Planungshorizont dargestellt werden, ohne dabei mit Wahrscheinlichkeiten rechnen zu müssen. Ein Randszenario beschreibt den Punkt, ab dem ungünstige Maßnahmen aus Sicht der Anteilseigner zu ergreifen sind (z.B. Einschränkung Gewinnausschüttung) und außerdem negative Solvency II-Kennzahlen resultieren können. Eine vorteilhafte Risikostrategie zeichnet sich hierbei durch den größtmöglichen Planungsspielraum für die Geschäftsleitung aus und kann mit dem Modell ermittelt werden (siehe Abbildung 5).

Szenarioraum2

Abbildung 5


PDF: RoRisk_Vereinfachungen im ORSA

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